Räume für Artists in Residence

Hoher Weg 2020 – Artist and Residence? A Space Journey

2015 von Jürgen Kannler und Michael Bernicker als Initiative Hoher Weg gegründet und 2016 in den Hoher Weg e.V. überführt, beschäftigt sich der Verein damit, Künstler aus Europa einzuladen, die zum Thema „Utopie des Friedens“ künstlerische Antworten oder Fragen zum Thema entwickeln und zur Auseinandersetzung stellen. »Welcome in der Friedensstadt« – diese Ergebnisse werden im Rahmen des Augsburger Hohen Friedensfestes präsentiert.

Allen Künstler-Projekten gemeinsam war die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum. Allen Organisatoren-Projekten die Frage: Wo bringe ich die Künstler unter, wo können Sie arbeiten. Artist in Residence. Kultur ist Infrastruktur und braucht Infrastruktur. Die Infrastruktur von Wohnen und Arbeiten war zu finden, aber eben nur durch den Zusammenhalt und die Improvisationsfähigkeit der Augsburger Kulturszene. Puzzle-Game. Wünschenswert wäre eine Vorhaltung einer solchen Infrastruktur zur Nutzung aller Initiativen, die daran Bedarf haben oder solchen, deren Ideen sich durch diese Möglichkeiten in neue Dimensionen entfalten könnten.

Kultur verstetigt, Kunst bricht auf. Beides wirkt ineinander und kann nicht ohne das andere. Beides brauchen wir zum Leben. Wir brauchen die Gewissheit und den grenzenden Horizont, gleichzeitig aber auch die Freiheit und die Versuchung hinter allen letztlich ausgedachten Grenzen Neues zu entdecken.

Aufbauend auf seinem Projekt »Silent House Of Prayer«, mit dem Reinhard Gupfinger unser „Artist in Residence 2016“ war, präsentiert der österreichische Medienkünstler drei Jahre später »UnSound«, das Urban-Art-Projekt zur Sichtbarmachung von Klängen im Augsburger Stadtraum. Reinhard Gupfinger verwandelt Klänge aus Augsburg in 3D-Kunstobjekte und bringt diese wieder im öffentlichen Raum an. Wie sieht eigentlich der Klang des Augsburger Rathausplatzes aus? Oder das Läuten der Glocke des Hohen Doms, St. Afra oder St. Ullrich? Mit seinem Projekt »UnSound« widmet sich Gupfinger der 3D-Darstellung von Klängen aus dem öffentlichen Raum von Augsburg. Durch Audioaufnahmen fängt er die Charakteristik der Stadt und ihrer Menschen ein. Mit Hilfe einer selbst entwickelten Apparatur und weiteren Prozessen transformiert er diese Aufnahmen zu fliesenartigen Skulpturen – sogenannten Sound Tiles. Als urbane Intervention installiert er diese Sound Tiles anschließend dort, wo er die Audioaufnahme im öffentlichen Raum gemacht hat. Die entstehenden Sound-Tiles-Interventionen bilden Klangskulpturen und Momentaufnahmen, die in der Stadt selbst wieder sichtbar werden und aufmerksam auf Klänge machen, die die Menschen in der Stadt umgeben.

Fragen nach der Bedeutung von Kunst in unseren postmigrantischen Gesellschaften, nach künstlerischen Strategien innerhalb urbaner Planungsprozesse, nach Austausch und der Bildung gemeinschaftlichen Raums sind Schlüsselthemen einer als gegenwärtig verstandenen Kunst in öffentlichen Kontexten. Denn künstlerische Strategien können dazu beitragen, präzise Taktiken zu entwickeln bezüglich der Nutzung urbanen Terrains, um gemeinschaftlichen Grund zunehmender Privatisierung zu entziehen. Räume für Experimente als Orte des Neuensollten immer existieren, ohne deshalb dem Terror der ständigen Innovation zu verfallen. Dies gilt für Räume und Strukturen aller Art.

Besondere Freiräume braucht Kunst und Kunst-Produktion als Kern sozial-ästhetischer Infrastruktur und als ihr Motor. Nur die Bewahrung ihrer Autonomiekann sie in ihrer Wirkmächtigkeit fördern, auch wenn sie zum Beispiel als »soziale Skulptur« Überschneidungsflächen zu Gemeinwesenarbeit oder Politik aufweist. Kunst in der Idee einer sozialen Stadt geht nicht in soziokultureller Arbeit oder kultureller Bildung auf, so wichtig beide Arbeitsfelder sind. Nicht individuelles Profil der Einrichtungen, sondern ihre Funktion im Gemeinwesen ist entscheidend. Förderstrukturen sind einem Konzept der Vielfalt und der partizipativen Bürger-Mitverantwortung entsprechend zu entwickeln. Sich voneinander abgrenzende Verwaltungs- und Zuständigkeitsstrukturen müssen gemeinsamen Konzepten weichen, die sich an gemeinsam zu lösenden Aufgaben und Chancen orientieren, die Verblockung der Kultur – ihrer staatlichen wie verbandlichen Strukturen – geht an den Bedürfnissen der Bürger und ihres Gemeinwesens vorbei.

In Königsbrunn prüfen wir gerade die Möglichkeit innerhalb eines kulturellen Zentrums die Möglichkeiten für residierende Künstler, Wohnen und Arbeiten, in einem Care-Taker-Konzept zu realisieren. Wünschenswert wäre das auch in Augsburg, vielleicht noch im Gaswerk, auch ein Staatstheater hat mit Sicherheit Bedarf Residenten Wohnen und Arbeiten zu ermöglichen, aber eben auch nicht jeden Tag, das ganze Jahr. Hier Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit zu ermöglichen bedarf des Dialogs und der Beteiligung der öffentlichen Hand in Planung, Prozess und langfristigem Commitment gemeinsam mit Verantwortlichen Kulturschaffenden, Kulturorganisierenden, die eine lebendige Nutzung sicherstellen. Diese Möglichkeiten auch mit der Stadt Augsburg auszuloten ist ein Projekt das der Hohe Weg e.V. in diesem Jahr beginnend vorantreiben möchte und wir sind um jede Unterstützung und Beteiligung dankbar.

Von Michael Bernicker